Bernd, hast Du zum Einstieg ein Fährtenerlebnis für uns, an das du mit einem Schmunzeln zurück denkst?
Da gibt es einige. Eins habe ich noch lebhaft vor Augen:
Die Aufgabe einer Hundeführerin bestand darin, ihrem Hund die Augen zuzuhalten, um zu verhindern, dass dieser sieht, wie Futter für den Wiederansatz drapiert wird. Ein paar Mal klappte das gut.
Bei einem Training war sie aber wohl in Gedanken woanders. „Erinnerst Du Dich nicht daran, was wir mit den Augen machen?“ Die Hundeführerin nahm eilig und "schuldbewusst" Stellung neben ihrem Hund ein - und hielt aber nicht dem Hund die Augen zu .. sondern sich.
Dein kniffligster Fall?
Oh ja! Einmal bekam ich einen Anruf von einem verzweifelten Hundeführer. Sein Hund fraß die Gegenstände auf der Fährte auf. Er war deswegen schon drei Mal operiert worden. Eine weitere OP durfte es nicht geben, weil der Magen des Hundes bereits völlig vernarbt war.
Wir haben viel ausprobiert, aber konnten das Problem letztlich wie folgt lösen: wir nahmen nur Gegenstände her, die mindestens so groß waren wie ein Handy. Die bekam der Hund nicht in den Mund. Die Gegenstände verankerten wir außerdem mit langen Nägeln fest im Boden.
So konnten wir immer wieder bestätigen, bevor der Hund dazu kam, den Gegenstand zu nehmen. Heute kann der Hund verweisen.
Wann startest du mit der Ausbildung des Hundes?
Ich beginne, sobald sich der Hund in seinem neuen Zuhause eingelebt hat. Mit 12 bis 13 Wochen darf der Welpe seine ersten Fährtenabgänge suchen.
Eignet sich jede Rasse für die Fährtenarbeit?
Meiner Erfahrung nach eignet sich grundsätzlich jede Rasse für die Fährtenarbeit.
Dennoch stellen einige Jagdhunderassen oft eine Herausforderung in der Ausbildung dar. Sie neigen durch züchterische Selektion beispielsweise dazu, im Suchverhalten schnell ins Stöbern zu verfallen. Bei kurzschnäuzigen Hunden wie dem Boxer kann die Futteraufnahme anatomisch bedingt zum Problem werden. Hier ist Kreativität gefragt. Man kann zum Beispiel Futterstangen nutzen, die sich der Hund aus dem Boden ziehen kann.
Welche drei Ausbildungsprobleme siehst Du am häufigsten?
Viele Hunde haben Probleme mit dem Tempo. Sie sind zu schnell oder suchen in einer ungleichmäßigen Geschwindigkeit.
Mit dem richtigen Weg des Futterabbaus tun sich viele Hundeführer schwer.
Außerdem ist es oft ein Problem, dass die Fährten zu schnell zu anspruchsvoll für den Hund gestaltet werden und ihn so vor eine unlösbare Aufgabe stellen. Da kommt dann schnell Frust bei Hund und Hundeführer auf.
Probleme am Winkel. Hast du Tipps für uns?
Zunächst einmal schaue ich auf die Geschwindigkeit des Hundes. Ist der Hund schlicht und einfach zu schnell, um aufmerksam zu suchen, arbeiten wir am Tempo. Ist das Tempo nicht ursächlich, lasse ich den Hund den Winkel ca. eine Körperlänge überlaufen. Dann wird der Hund verbal korrigiert und einige Schritte vor dem Winkel erneut angesetzt. Er erhält eine zweite Chance, den Winkel korrekt auszusuchen. Die meisten Hunde suchen bedächtiger und lernen, mit Ruhe zum Erfolg zu gelangen.
Ein weiterer Fehler ist es, den Winkel mit Futter zu spicken. Kommt dann ein Winkel ohne Futter, sind viele Hunde überfordert.
Du gibst auch Seminare für interessierte Hundeführer, richtig?
Ja, ich gebe viele Seminare. Ich halte die Gruppen aber bewusst klein und trainiere mit maximal 10 Teams. Das hat den Nachteil, dass meine Seminare sehr schnell ausgebucht sind und oft nur vereinsintern sind. Interessierten empfehle ich aber ohnehin, sich ein bis zwei Workshops als Zuschauer anzusehen.
Du arbeitest mittlerweile mit vielen Hundesportlern zusammen. Wie kam es dazu?
Es begann, als ich einen DSH führte und mich von der früher gängigen Zwangsfährte abwenden wollte. Ich nutzte viel Futter, hatte aber das Problem, dass der Hund, vor allem auf weichem Acker, auf Sicht suchte und entlastete. Ich entwickelte also die Idee mit Dosen zu arbeiten. Das Prinzip funktionierte und bald kamen allerlei Sportler zu mir und waren interessiert. So entstand auch die Zusammenarbeit mit Team Heuwinkl. Ich bin also in meine Aufgaben "hinein gewachsen“.
Wer war dein Lehrmeister in Sachen Fährtenausbildung? Hattest du Vorbilder?
Das Meiste habe ich mir selbst ausgedacht und beigebracht. Gute Lehrmeister hierbei waren vor allem die vielen unterschiedlichen Hunde, die ich auf den Seminaren kennen lernte. Hier muss man sich immer Gedanken machen, es gibt keinen einheitliches Konzept, dass auf jeden Hund passt.
Du bist mittlerweile ein alter Hase im Hundesport. Hat sich die Fährtenarbeit in den letzten Jahren/ Jahrzehnten verändert?
Ja, sehr sogar. Früher herrschte viel Zwang in der Ausbildung. Danach gab es eine Zeit, in der die Hunde fast schon zu lustig suchten. Zur Zeit empfinde ich es so, dass die Entwicklung zum absoluten Perfektionismus immer stärker wird. Anstatt den Hunden den Spaß an der Sucharbeit zu vermitteln, sind viele Hundeführer zu sehr darauf fokussiert, das exakte Suchverhalten trainieren zu wollen.
Was macht dir in der Fährtenarbeit am meisten Freude?
Ich liebe es, den Fortschritt der Hunde zu sehen. Z.B. der junge Hund, bei dem man Monat für Monat erkennen kann, wie er sich verbessert und neue Aufgaben meistert. Toll finde ich auch, wenn man Hundeführern helfen kann, die vor verzwickten Problemen mit ihren Hunden stehen. Vor kurzem konnten wir einem Hund, der bisher sehr unter Druck suchte, die Freude an der Fährtenarbeit vermitteln. Das war ein tolles Gefühl.
Ach - und wenn Trainingspartner 100 Punkte auf der WM suchen, freut mich das natürlich auch. *lacht *
Bernd, wir danken Dir, dass Du Dir die Zeit für uns genommen hast!