Der Sporthund: eine gefährliche Waffe?

Vor ein paar Tagen kursierte ein Podcast von Martin Rütter und Kollegen durch's Netz. Die Interviewpartnerin ist eine junge Dame, die einschlägige Erfahrungen im IGP-Sport und Mondioring sowie eine gute Diskussionskultur mitbrachte. Die Position von Martin Rütter ist plakativ: der Schutzhund als Waffe, der Schutzhundesportler gerne als Alkoholiker .. Zwar stellte er zunächst fest, dass Rassen wie Malinois "und andere Raketen" von sich aus den Menschen beschützen würden, ohne dass sie hierfür einer Ausbildung zum Schutzhund bedürften. Wenig später konstatiert er aber, dass die Gesellschaft keine Hunde brauche, die einem rennenden Menschen hinterlaufen, um ihn dann zu beissen.

Wir alle kennen die Behauptungen, der Sport mache die Hunde gefährlich, gar zur Waffe. Persönlich wende ich mich natürlich immer voller Inbrunst gegen diesen Vorwurf. Allein, ein paar Einzelbeispiele eigener Hunde sind, so muss ich auch zugeben, wenig überzeugend. 

Ohne mich bis jetzt einer abschließenden Recherche gestellt zu haben, habe ich zumindest mehr gefunden als bloße Vermutungen, die sonst herangezogen werden: eine Dissertation von Roman Mikus, "Statistische Auswertung von Sachverständigengutachten über Hunde mit Beißvorfällen in Bayern" aus 2006. Die Auswertung ist so eindeutig, dass ich mich auf reine Zitate beschränken kann:

"In Bezug auf die Nutzung der Hunde zeigte sich, dass 87,6% der auffällig gewordenen Hunde Familienhunde sind oder als "Lebensbegleiter" von ihren Besitzern angesehen werden. Ein möglicher Grund für das gehäufte Vorkommen dieser Hunde könnte eine mangelnde Leitung, Führung sowie Kontrolle des Hundes sein. (S. 65)" ...

"Aufgrund der oben beschriebenen Ausführungen war es erstaunlich, dass Hunde, die eine Hundeschule besucht hatten, an zweiter Stelle der auffällig gewordenen Hunde standen (Rüden 34,5%, Hündinnen 22%).  .. GOLD untersuchte 16 Hundeschulen in Bayern und fand heraus, dass der Grossteil der Ausbilder an den Hundeschulen sich ihre Qualifikationen überwiegend über Seminare und Praktika erworben haben und nicht auf Problemhunde spezialisiert sind. (S. 66) "

"Hunde, die als Schutzhunde ausgebildet wurden, kamen zu einem untergeordneten Prozentsatz in der Auswertung vor (Rüden 2,2%; Hündinnen 0%). Dies zeigt, dass gut ausgebildete Sport- und Schutzhunde kein Gefahrenpotential darstellen. (S.66)".

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  • Keine Waffe unter guter Führung

    Hallo Patricia. Ich finde den Artikel sehr gut. Leider wird er die vorgefasste Meinung der Anhänger gegen den hundesport nicht ändern. Ich bin selbst Trainerin in meiner Hundeschule und stelle immer wieder fest das es an Führungsqualitäten der Hundebesitzer fehlt. Und an Einsicht. Immer zu Lasten der Hunde. Sie werden vermenschlicht und wachsen oft ohne artgerechte Erziehung und Haltung auf.

  • Toll geschrieben!

    Vielen Dank für diesen Blog Beitrag. Endlich mal jemand der sich differenziert und fundiert mit wissenschaftlichen Quellen mit der Thematik auseinandersetzt. Die Zahlen sprechen für sich: (Schutz-) Hundesport nützt und schützt.

  • Toll geschrieben!

    Vielen Dank für diesen Blog Beitrag. Endlich mal jemand der sich differenziert und fundiert mit wissenschaftlichen Quellen mit der Thematik auseinandersetzt. Die Zahlen sprechen für sich: (Schutz-) Hundesport nützt und schützt.

  • Aber klare Kante vertritt leider kaum einer unserer "Großen" Profis

    Dieses Aussage kann ich in meiner jahrelangen Erfahrung als Diensthundeführer bestätigen. Ich habe in diesen 27 Jahren kaum Beißvorfälle mit Hunden bearbeitet, die im Schutzhundesport geführt wurden. Natürlich war der eine oder andere dabei, aber insgesamt stellt dies einen sehr geringen Anteil dar.
    Mag sein das andere hier andere Erfahrungen haben.
    Meist sind es die "Familienhunde" mit oder ohne ohne Hundeschulenbesuch.

  • Sehr guter Beitrag. Viele Dank!

    Vielen Dank für Ihre Ausführungen und die damit verbundenen Recherchen im Zusammenhang mit Auffälligkeiten von Hunden. M.f.G. Frank Pohlen

  • Statistiken

    Seit mehr als 30 Jahren (da hatte ich wegen dieses Themas mein erstes Gespräch mit Frau Bremer, sie dürfte den meisten Hundesportlern in diesem Bereich bekannt sein), stören mich derart verfälschende Aussagen.
    Denn In dieser Studie steht auch: "Der Ausbildungsstand wurde unterschieden in „keine Ausbildung“, „Grundgehorsam“ (vom Besitzer beigebracht), „Hundeschule“ und in die Spezialausbildungen „Begleithunde“, „Schutzhunde“, „Breitensporthunde“ sowie „Jagdhunde“. Als Breitensporthunde“ werden Hunde bezeichnet, die bei Agility eingesetzt werden. In den Kategorien „Begleithunde“ und „Schutzhunde“ hatten die Besitzer einen Nachweis über die abgeschlossene Ausbildung der Hunde erbracht." *Agility-Hunde" und "Jagdhunde" mussten 2006 die Begleithundeprüfung vorweisen.
    Es wird vereinfacht dargestellt unterschieden in: "Nicht ausgebildet" und "mit Abschluss ausgebildet".

    Wo werden die Hunde geführt, deren Ausbildung mangels Eignung des Halters/der Halterin oder des Hundes abgebrochen wurde?

    Denn Hunde mit abgeschlossener Ausbildung machen regelmäßig keine Probleme - und nur das weißt die Studie nach!

    In dieser Studie steht auch:
    "Die vorgebliche 'Wesensschwäche' so vieler Hunde beruht häufig genug auf Erziehungsfehlern in dieser Sozialisierungsphase, in der zumeist viel zuwenig mit dem Hund gespielt, dafür umso mehr „dressiert“ wird. Die in dieser Zeit durch falsche Behandlung erworbenen Unsicherheiten sind laut TRUMLER (1987) kaum mehr rückgängig zu machen, die unverkraftbaren Konfliktstoffe wirken in der „Seele“ des Hundes zeitlebens nach (TRUMLER, 1987)"

    Ich bin Anhänger guter Ausbildung von Hunden. Leider wird von zu vielen Personen übersehen, dass eine gute Ausbildung keine gute Erziehung ersetzt!

  • Mehr Training als die pflicht Hundeschule

    mach ich mein kind zur waffe, wenn ich es ins karate schicke? wird ein überdehtes kind dadurch zum bahnhofsschläger oder lernt es sich zu kontrollieren und beherrschen wenn ein Pausenpöbler eine kampfsportart erlernen darf?
    und ist schlussendlich nicht jedes ball- und stöckleinspiel eine unkontrollierte hetz- und packjagt?
    wir kreuze jeden tag hunde die sich überhaupt nicht kontrollieren können und der besitzer realisiert nicht mal, dass das für alle beteiligten ein problem sein könnte!
    ist das nicht eher ein problem als ein bewusst und ausgeglichen gehaltener sporthund?

  • Sehr guter Beitrag. Viele Dank!

    Vielen Dank für Ihre Ausführungen und die damit verbundenen Recherchen im Zusammenhang mit Auffälligkeiten von Hunden. M.f.G. Frank Pohlen

  • Alles bestens!

    Seit vielen Jahren führe ich Rottweiler im Gebrauchshundesport. 3 Disziplinen- die Hunde sind artgerecht bestens ausgelastet ! Und Abteilung C Schutzdienst: es gibt keine gehorsameren Hunde als solche, die hier gut gearbeitet und geführt werden!

  • Guter Beitrag

    Hallo,
    mein Mann hat ca. 20 Jahre aktiv Hundesport betrieben. Und aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass Hunde, die im Schutzhundesport geführt werden, ein hohes Maß an Gehorsam zeigen. Die sogenannten Familienhunde, die kein Grundgehorsam kennen, geschweige auf Kommandos reagieren, vor denen sollte man sich in Acht nehmen. Denn von so einen "Familienhund wurde mein Mann in den Oberschenkel gebissen, was auch ärztlich versorgt werden musste.

  • Dankeschön!

    Ich kann mich Yassin nur anschließen - vielen Dank für die Recherche!

  • Beißvorfälle

    In nun mehr 20 Jahren als Ausbilder und Vorstand in einem Hundesportverein: Wie hatten in dieser Zeit nicht einen einzigen Beißvorfall mit unseren IGP oder Mondi Hunden. Weder auf dem Platz, noch das einer unserer HF Probleme außerhalb des Ü-Betriebes mit seinen Hunden in dieser Richtung hatte. Diese von Herrn Rütter vertretene Meinung entspricht wohl dem Standard vor 30 Jahren und früher als die Hunde in ihrer Außenwirkung aggressiv sein sollten, da ehr Hof und Wachhunde.
    Vielleicht sollte dieser Herr sich mal über eine moderne, sportlich orientierte Ausbildung informieren bevor ehr etwas von sich gibt. Leider ist seine Meinung in einer breiten Öffentlichkeit sehr angesagt, auch wenn völlig sinnfrei.

  • Hundeerziehung ist mehr als Sitz Platz Fuß

    Hunde, die typische Sitz-Platz-Fuss Hundeschulen besuchen, sind durchaus genauso problematisch wie Hunde, die keinen Verein oder eine Hundeschule besuchen.

    Hundeerziehung besteht eben nicht aus typischen Unterordnungsübungen. Grundgehorsam ist ein Teil der Hundeerziehung, aber es geht um viel mehr. Beziehung, Vertrauen, Respekt, Frustrationstoleranz, Impulskontrolle, Umweltsozialisation. Eine gute Hundeschule weiß das und wird es auch entsprechend unterrichten.

    Und wenn der Hundehalter mitziehen, dann wird es auch ein toller Hund werden.

  • Rütter hat sich total disqualifiziert

    @Patricia: Das ist ein sehr guter Kommentar, sehr fundiert und sachlich! Danke hierfür!

    Ich für meinen Teil habe Rütter noch nie für einen guten Hundemann gehalten. Aus meiner Sicht ist er der Showmaster, dem man den Text vorgibt.
    Und ich finde es absolut unerhört, dass er Kollegen dermaßen diffamiert (ich meine damit seinen Kommentar zu Knuth). So etwas gehört sich einfach nicht, das lernt man, wenn man eine gute Erziehung genießen durfte. Scheinbar hatte er die nicht - will uns aber erklären, wie man Hunde erzieht.

    In 35 Jahren aktiven Hundesports lernt man so einige Hundeplätze kennen und - ja, es gibt sie gelegentlich noch, die Typen, die mit unlauteren Mitteln versuchen, die Hunde zu drillen. Aber ich sehe sie eigentlich kaum auf den Plätzen, die treffen sich meist privat. Und wenn wir ehrlich sind, so finden wir in allen Leistungssportarten - ob mit Hund, mit Pferd, oder beim Menschen - unlautere Methoden, um den Sieg zu erlangen. Das macht die Sache nicht besser, aber es ist kein alleiniges Problem der IGP-Fraktion, so wie Rütter es darstellt. Und ganz ehrlich: einen besoffenen Hundeführer habe ich nie mit Hund auf dem Platz gesehen, auch keinen besoffenen Schutzdiensthelfer! Und wenn mal gefeiert wird, so ist das in jedem Verein normal, dass auch mal angestoßen wird. Das gehört schließlich dazu und nennt sich "Vereinsleben"! (Was will man denn z. B. den Sportschützen sagen, wenn die im Verein eine Feier haben und einen trinken - könnte das nicht viel gefährlicher sein??? Warum ist dann noch nichts passiert? )

    Warum nennt Rütter nicht mal Fälle, wo ein Sporthund auf einen Menschen "gehetzt" wird? Ganz einfach: weil das eigentlich nicht funktioniert! Unsere Hunde werden schließlich nicht "zivil" gearbeitet. Aber jeder Hund würde doch hoffentlich sein Rudel verteidigen, wenn es angegriffen wird. Und die IGP-Hunde haben in so einem Fall einen wahnsinnig großen Vorteil: Sie kennen das Kommando "AUS!".

    Ich gehe davon aus, dass Rütter noch nie einen Gebrauchshund aus der Leistung an der Leine hatte. Und solange kann er sich auch kein Urteil darüber bilden, wie man diese arbeitet. Allein die Frage "wozu braucht man die?" zeigt, dass er über die unterschiedlichen Rassen und deren Bestimmung offensichtlich nicht viel weiß. Ich frage mich, woher die Diensthunde noch kommen sollen, die bei der Polizei, dem Zoll, der Rettung, usw. eingesetzt werden, wenn es nicht diese "besoffenen Hundeprügler" wie uns gäbe, die sich um die Ausbildung und Zucht dieser Hunde kümmern. Denn die Polizei züchtet nun mal nicht selber. Ich hatte zuletzt eine 20 Monate alte Hündin aus meiner Zucht in einem Diensthundeforum zum Kauf angeboten - ich hätte sie gleich 4 x verkaufen können. Die Bundespolizei, die die Hündin dann bekam, hatte mich gleich nach weiteren Hunden gefragt - nicht alle haben halt diese Qualitäten!

    Übrigens: Die Lizensnehmer der "Rütter-Schule" haben während ihrer Ausbildung Herrn Rütter nie gesehen. Da stellt sich die Frage: Warum nur?!

    Ich betreibe nun, wie gesagt, seit ca. 35 Jahren Schutzhundesport. Dass unsere Hunde körperlich geschunden werden, kann ich in keiner Weise bestätigen. Agility, Flyball usw. sind Sportarten, die vielleicht "politisch korrekt" sind, aber für Hunde ab einer gewissen Größe und mit einem gewissen Gewicht die deutlich größere körperliche Belastung darstellen. (Flyball ist übrigens die Sportart mit den meisten und schlimmsten Verletzungen bei den Hunden.) Mein derzeit ältester Hund wird nun schon 12 Jahre, er hat, bis er etwas über 8 Jahre alt war, im Wettkampfgeschehen intensiv mitgemacht, hat ca. 15 mal die (IPO) IGP bestanden und viele Wettkämpfe in seiner Rasse gwonnen und ist einige FH's gelaufen. Mit 11 1/2 Jahren haben wir noch aus Spaß einen Pokalkampf in der BH (eben rentnergerecht) mitgemacht - und gewonnen! Das Strahlen in den Augen meines Hundes, das "Lachen" in seinem Gesicht, wenn ich mit ihm noch mal auf den Platz gehe, seine Begeisterung für die Arbeit und seine Zufriedenheit danach will ich nie missen! Er erfreut sich noch immer bester Gesundheit, trotzt seiner 44 kg!

    @Herr Rütter, ich lade Sie herzlich ein, zu uns auf den Platz zu kommen und sich das Geschehen mal erklären zu lassen. Ich denke, Sie können noch viel lernen! (Sie sollten vor allem noch viel lernen!)