Mythos Zeckenschutzmittel: Fakten vom Tierarzt

Was nicht alles gegen die Plagegeister helfen soll und was hilft im Ausland? Tierärztin und K9andSports Botschafterin Simone Stroh hilft uns durch den Dschungel. 

Stimmt es, dass Zecken zunehmend gefährlicher werden für unsere Hunde? 

Ja, das stimmt. Urlauber und Reisende schleppen krankheitsübertragende Parasiten wie Zecken ungewollt z.B. über ihre Hunde zu uns nach Deutschland ein. Jetzt häufen sich hier Krankheiten, die bis vor einiger Zeit nur im Ausland ein Thema waren (Stichwort: Mittelmeerkrankheiten). Deswegen ist es wirklich wichtig, den Hund mithilfe einer sogenannten „Vektorprophylaxe“, d.h. einem Prophylaxemedikament, das gezielt gegen die übertragenden Parasiten wirkt, zu behandeln. Insbesondere vor und während einer Auslandsreise. 

Den Hund nach dem Spaziergang zu überprüfen reicht also nicht? 

Krankheitserreger können bereits kurz nach dem Einstich übertragen werden. Mittels repellierenden (abschreckende) Prophylaxemittels lassen sich die Tiere erst garnicht auf unseren Hunden nieder. Da es keine 100-%ige Sicherheit gibt, empfiehlt es sich aber trotzdem, den Hund nach jedem Spaziergang zu untersuchen. 

Hast Du gute Erfahrungen gemacht mit sogenannten alternativen Zeckenschutzmitteln – also solchen, die nicht aus der Schulmedizin kommen? 

Es gibt keine fundierten Studien, die eine Wirksamkeit von Kokosöl, Schwarzkümmelöl, Bernsteinkette und Co. bestätigen. Manches Mittel bringt nach m.E. sogar eher Probleme mit sich: 

Kokosöl macht das Fell sehr fettig, wird gerne vom Hund aufgeschleckt, was gerne mal zu Ekzemen führt und wäscht sich beim Baden im See schnell ab. Zudem fehlt die repellierende  Wirkung! 

Bei Bernsteinketten soll durch die Reibung der Kette am Fell eine elektrische Aufladung entstehen, die in Kombination mit dem Geruch der Steine die Zecken fernhalten soll. Das bedeutet auch, dass es auf die Fellbeschaffenheit, die Größe und die Bewegungsintensität des Hundes ankommt. Selbst wenn hier perfekte Bedingungen geschaffen sind, gibt es keinen Nachweise, dass eine Bernsteinkette allein zuverlässig vor Zeckenstichen schützt. 

Kurz gesagt, ich würde mich auf alternative Zeckenschutzmittel nicht verlassen, wenn es auf der anderen Seite um sehr gravierende Krankheiten geht, die übertragen werden können. 

Was empfiehlst Du Deinen Patienten? 

Die schulmedizinischen Mittel wirken alle zuverlässig bei richtiger Anwendung. Um das Mittel der Wahl zu bestimmen, muss man aber Hund und Herrchen kennen. Ist der Hund sehr magendarmempfindlich empfiehlt sich eher ein Spot-on-Präparat oder ein Halsband wie Scalibor oder Seresto. Neigt der Hund schnell zu Juckreiz oder Kontaktallergien oder geht sehr häufig ins Wasser, sollte man eher zu einer Tablette greifen. 

Muss ich etwas Besonderes beachten, wenn ich mit Hund ins Ausland fahre? 

Viele „Reisekrankheiten“, wie z.B. Babesiose, Leishmaniose, Ehrlichiose oder Dirofilariose werden von Parasiten wie Zecken, Mücken oder Sandfliegen übertragen. Bei Auslandsaufenthalten sind die Halsbänder das Mittel der Wahl. Sie schützen nicht nur gegen Zecken und Flöhe, sondern auch gegen Sand- und Stechmücken.

Wirken die sofort, nachdem wir sie dem Hund angezogen haben?

Nein, eine Woche vorher sollte das Band bereits am Hund sein. 

Wie sieht es aus mit Nebenwirkungen? Hattest Du schon mal Fälle in Deiner Praxis?  

Theoretisch kann jedes Medikament oder Präparat Nebenwirkungen haben, auch das kommt ganz auf den Hund an sich an. Es gibt unterschiedliche Nebenwirkungen. Von Erbrechen (bei Prophylaxetabletten) oder Juckreiz (bei Spot-on-Präparaten oder Halsbändern) bis hin zu epileptiformen Anfällen kann alles dabei sein. Solche Nebenwirkungen sind aber wirklich sehr selten und hinterlassen i.d.R. keine bleibenden Schäden. Der Schaden, der durch eine von einer Zecke übertragenen Krankheit angerichtet werden kann, ist hier im Allgemeinen deutlich größer. 

 Ab welchem Alter kann man auf diese Mittel zurückgreifen? Schon beim kleinen Welpen?  

Ob das Präparat bereits für Welpen zugelassen ist, ist ganz unterschiedlich. Die meisten darf man aber ab einem Alter von 6-7 Wochen und/oder einem Gewicht von über 1,5-2kg anwenden. Auch bei Welpen und jungen Hunden ist es bereits sehr wichtig auf einen ausreichenden Schutz zu achten.

Beim Entfernen bleibt gerne mal der Kopf stecken. Was nun? 

Lässt sich der Kopf nicht leicht entfernen, dann am besten in Ruhe lassen. Er wird als Fremdkörper erkannt und irgendwann abgestoßen. Vermutlich mithilfe einer Entzündungsreaktion wie Rötung, Schwellung oder Wundsekret. Aber auch das ist völlig in Ordnung. Wichtig ist nur: beobachten. Und den Hund vom Schlecken oder Kratzen abhalten. Erst wenn die Stelle unverhältnismäßig dick oder heiß werden, sollte man zum Tierarzt.    

Danke für das Gespräch, Simone!

Simone Stroh ist Fachtierärztin für Kleintiere mit dem Schwerpunkt Chirurgie und Notfallversorgung in ihrem Zentrum für Tiermedizin in Pürgen/Lengenfeld. Sie ist Botschafterin bei K9andSports und wird von ihrer Dobermann Hündin Brida (von Avidus) und Vroni (Frieda von der Birkenquelle), einem Dackel, begleitet. 

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