Interview: Anastasia Derkach
Bildest Du Deine Hunde separat aus für die Arbeit beim Militär und im Sport? Kann ein Hund IGP machen und beim Militär eingesetzt werden?
Ja, jeder Hund hat seine eigene Spezialisierung. Aber jeder Hund muss sich führen lassen. Gehorsam steht deswegen zu Hause und bei der Arbeit ganz oben. Einige Bestandteile des Hundesports überschneiden sich mit den Dienstanforderungen. Es hängt alles von den persönlichen Zielen für den Hund ab. Wenn das Ziel das Treppchen der IGP-Weltmeisterschaften ist, dann muss man jeden Tag möglichst OHNE FEHLER mit dem Hund arbeiten, um dem Ziel mit kleinen Schritten näher zu kommen. Das ist lange und harte Arbeit.
Im Dienst muss der Hund gewisse Dinge nicht so zeigen wie im Sport. Der unbedingte Fokus, schnelle Übungen, keiner fragt nach einem Funkeln in den Augen. Aber egal, welche Arbeit, ob Personensuche oder Sprengstoffsuche: die Anforderungen sind dergestalt, dass viel auf dem Spiel steht. Und ein Fehler kann mich oder einen anderen das Leben kosten. Würde man vom Hund alles verlangen, also das, was er im Sport und im Dienst zeigen müsste, käme Mittelmaß heraus. Im Sport gibt es für Mittelmaß Punkt-Abzug. Bei der Arbeit kann ein Fehler tödlich sein. Unsere (Dienst-)Hunde haben alle eine Grundausbildung in IGP, dem wohl anspruchvollsten Sportstandard. Im Verlauf der IGP-Ausbildung können wir die Stärken und Schwächen des Hundes besonders gut sehen. Und die müssen wir für die Zucht kennen. Es sind aber zwei Paar Schuhe: der Beste zu sein oder eine Grundausbildung zu haben.
Was ist deiner Meinung nach das Wichtigste, um hohe Ergebnisse zu erreichen – Genetik, individuelle Eigenschaften des Hundes oder Training?
Das spielt alles eine Rolle für ein hohes Ergebnis. Ich persönlich stelle die Genetik an die Spitze dieser Pyramide. Aber die Genetik ist ein Potential, mit dem ein Mensch arbeiten können muss.
Worauf achtest Du bei der Auswahl eines Welpen für Sport oder Militär? Wenn Du dir einen beliebigen Hund aussuchen könntest, wäre es derselbe für Militär und Sport oder unterschiedliche?
Ein guter Hund ist für mich ein guter Hund. Ich würde für beides den gleichen Hund auswählen. Ein GUTER Hund, der im IGP-Sport erfolgreich ist, kann jeden Dienst bewältigen. Aber nicht jeder Hund, der seine Aufgabe im Dienst erfolgreich erfüllt, kann auch im IGP erfolgreich sein
Glaubst Du, dass Hundesportler und Diensthundeführer etwas voneinander lernen können? K9-and-Sports will ja die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen der Dienst- und Sporthundewelt unterstützen.
Natürlich ist Erfahrungsaustausch immer sinnvoll. Früher hat es den auch viel mehr gegeben, auch Wettkämpfe für Diensthundeführer und Hundesportler. Man sollte immer von den Besten lernen. Gibt es Statistiken zu Diensthundeführern? Wer bewertet die Qualität ihrer Arbeit? Wo kann man ihre Arbeit sehen? Zumindest wäre es gut, gemeinsame Workshops zur Arbeit des Hundes in bestimmten Bereichen zu haben, z.B. bei der Fährten- und Nasenarbeit. Damit Hundesportler und Diensthundeführer sich austauschen können über die Techniken, die sie im Training anwenden.
Wie viele Hunde bei der Polizei oder beim Militärs in der Ukraine stammen von privaten Züchtern? In welchem Alter holen sie sich ihre Hunde? Haben sie ein eigenes Zuchtprogramm oder hatten sie das in der Vergangenheit?
Zur Polizei kann ich nichts sagen. Ich arbeite nicht in diesem Sektor. Das ukrainische Militär hat kein eigenes Zuchtprogram. Die Hunde stammen also alle privaten Züchtern.
Eine ganz andere Frage: wie fütterst Du Deine Hunde?
Bis sie ungefähr vier Monate sind, bekommen sie häufig Futter. Dann basiert meine Grundausbildung auf ihrem Futtertrieb. Meine Hunde fressen dann während des Trainings bzw. wenn sie mit mir arbeiten. Feste Zeitpläne habe ich da nicht. Vor der Geburt meines Kindes war mein Alltag komplett unvorhersehbar. Es konnte jederzeit sein, dass ich zum Einsatz gerufen werde. Für eine lange Zeit war es sehr schwierig. Ich hatte kaum Zeit zum Schlafen, weil ich stattdessen lieber mit dem Hund trainierte.
Wie war es, auf einer WM zu führen? Warst Du nervös? Und wenn ja, hat sich das auf Blicka übertragen?
Schon etwas, aber angesichts des Krieges hatte sich meine Einstellung zu manchem geändert. Aber wenn Ihr das Video vom Schutzdienst gesehen habt, ist Euch sicherlich aufgefallen, dass ich den Ablauf vergessen habe. Das lag natürlich an mangelndem Training, meinen Nerven und vielen anderen Dingen. Vor dem Fährten habe ich Blicka ins Auto gesperrt und meinen Schlüssel im Auto liegen lassen. Ich musste das Fenster einschlagen, damit sie nicht erstickt. Es war sehr heiß. Das hat mich natürlich emotional betriffen. Ich hörte eine Sirene heulen und verstand nicht, was los war. Aber wegen der Punkte an sich war ich nicht nervös. Und ich war danach mit der Arbeit von Blicka mehr als zufrieden. Mit meiner eigenen nicht an allen Stellen. Aber wir sind eben ein Team und wenn einer einen Fehler macht, gleicht der andere diesen Fehler aus.
Ist Blicka ein ganz besonderer Hund oder könntest Du auch mit einem anderen Hund nochmal so erfolgreich sein? Wie viel macht Genetik und wie viel Training in deinen Augen aus?
Blicka ist natürlich etwas Besonderes. Ich kenne keinen anderen Hund, der so viel gibt, obwohl es an Training fehlte. Sie ist ein Soldat, den man überall einsetzen kann: ein Sport- und ein Diensthund, ein Kindermädchen für mein Kind und auch einfach ein Haustier. Ich habe immer alles getan, um auch unter schwierigen Bedingungen mit ihr zu arbeiten. Aber sie hat meine Erwartungen bei Weitem übertroffen.
Ob ich mit einem anderen Hund hohe sportliche Erfolge erzielen kann, werde ich leider noch eine ganze Weile nicht wissen. Leider ist mein junger DSH verstorben. Sie war ein ganz anderer Typ von Hund. Aber meine Trainingsmethoden haben auch bei ihr funktioniert. Genetik ist eine Option, eine Perspektive. Dieses Potential zu entfalten ist die Kunst und die Rolle des Hundeführers.
Welche Disziplin und welche Übung magst Du am liebsten?
Unterordnung! Für mich ist die Unterordnung am komplexesten und erfordert den größten Einsatz Hundeführer. In der Unterordnung zeigt sich die Beziehung zwischen Hund und Hundeführer. Man kann sehen, ob Vertrauen da ist. Man kann das natürlich auch in A und C sehen. Aber dort überlagern die Triebe mehr. Eine bestimmte Lieblingsübung habe ich nicht. Es macht mir einfach Spaß, mit meinem Hund zu interagieren. Es ist wirklich magisch, wenn man das perfekte Trainingsbild zeigen kann.
Wie siehst Du das Fährten? Da wird ja ein Suchverhalten abgefragt, das der Praxis nicht entspricht.
Ich bin keine Wissenschaftlerin und kann nur meine persönlichen Erfahrungen in der Arbeit mit Hunden teilen. Vielleicht liege ich falsch. Aber es stimmt: das Fährten im IGP ist für den Hund kein natürliches Verhalten. Ich habe noch nie einen Dienst- oder Jagdhund gesehen, der immer mit der Nase am Boden sucht und jeden einzelnen Schritt ausarbeitet. Aber das ist genau die Fährtentechnik, welche die Prüfungsordnung festlegt. Ich behandle das Fährten als einen Teil der Unterordnung, wo ich dem Hund ein bestimmtes Verhalten, eine bestimmte Technik beibringe: die Fährte haargenau ausarbeiten und die Gegenstände anzeigen.
Bereitest Du deinen Hund auf ein Training vor? Hast Du ein Ritual oder wärmst Du Deine Hunde auf?
Ich wärme immer auf. Wenn es eilt, dann zumindest kurz. Und Rituale... Wie ich schon sagte: unser Leben ist zu unberechenbar. Ich bin jedes Mal alleine mit Blicka gestartet. Kein Trainingspartner oder gar eine Mannschaft waren da, um mich an den Start zu bringen und Tipps zu geben. Darauf war ich aber auch vorbereitet. Ich habe mein Training deswegen so aufgebaut, dass ich nie von einer anderen Person abhängig bin.
Spielst Du mit Deinen Hunden?
Ich spiele eigentlich nicht viel mit erwachsenen Hunden. Das Training ist unser Spiel. Mein Training ist immer so gestaltet, dass meine Hunde es lieben und trainieren wollen. Außerhalb des Trainings verbringen wir einfach Zeit miteinander: wir gehen im Wald spazieren, fahren Fahrrad, schwimmen...
Vielen Dank für Deine Zeit, Vika und auch für Deine Unterstützung von K9andSports!